Ferienschulen des Sprachförderprojektes

Ferienschulen des Sprachförderprojektes

von Sabine Stephany • Artikel im ZMI Magazin 2009, S. 12

Sommerferien – normalerweise machen Schülerinnen und Schüler während dieser Zeit einen großen Bogen um die Schule. nicht so in Köln-Sülz: es ist kurz vor 12 Uhr an einem Freitagmorgen im Juli 2008, und es herrscht Hochbetrieb auf den Gängen der Hauptschule Mommsenstraße. 150 Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Kölner Schulen der Sekundarstufe I strömen aus den Unterrichtsräumen und drängeln sich um das internationale Buffet, das sie selbst zusammengetragen haben. trotz Ferienzeit haben sie an diesem Morgen bereits zwei Stunden Unterricht in der Ferienschule hinter sich gebracht.

Bei der Ferienschule handelt es sich um ein sechswöchiges Sprachfördercamp, das 2008 bereits zum fünften Mal vom Institut für Deutsche Sprache und Literatur II der Universität zu Köln im Rahmen seines „Kooperationsprojektes zur sprachlichen Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bedarf“ in Zusammenarbeit mit der Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) und dem Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration (ZMI) durchgeführt wird. Wie bereits 2007 stellt die Hauptschule Mommsenstraße auch im Jahr 2008 für die Dauer der Maßnahme ihre Unterrichtsräume zur Verfügung. Finanziert werden die Sprachkurse durch die Stiftung Mercator GmbH, die das Kooperationsprojekt Sprachförderung bereits seit längerem finanziell unterstützt, und durch Mittel der RAA sowie des ZMI.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sprechen über 40 unterschiedliche Sprachen. Gemeinsam ist ihnen, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Sie kommen freiwillig mit dem Ziel, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern – aber auch um Spaß zu haben und neue Kontakte zu knüpfen.

Mike findet es überhaupt nicht schlimm, in den Ferien in die Schule zu gehen: „Ich finde diesen intensiven Sprachkurs sehr, sehr gut, und ich gehe auch sehr gerne dorthin.“ Und Menyien meint: „Das hier ist schön, weil wir lernen können und das hilft uns in der Schule unser Deutsch zu verbessern.“
In der Ferienschule werden in drei zweiwöchigen Blöcken vormittags Intensivkurse in Deutsch als Zweitsprache (DaZ) kombiniert mit nachmittäglichen Arbeitsgemeinschaften (AGs) und Projekten angeboten. Die vormittäglichen Deutschkurse finden in sprachhomogenen Kleingruppen statt, die zu Beginn der Kurse mit Hilfe eines Einstufungstests (C-Test) gebildet werden. Die Sprachkurse und Arbeitsgemeinschaften werden von eigens dafür qualifizierten Lehramtsstudierenden des Faches Deutsch geleitet, die bereits seit längerem als Förderlehrerinnen und Förderlehrer im Rahmen des Kooperationsprojektes Sprachförderung tätig sind.
Fachlich unterstützt werden sie dabei von der Koordinatorin des Kooperationsprojektes Sprachförderung, Dr. Gabriele Kniffka, und von den Projektmitarbeiterinnen Dr. Diana Gagyan und Sabine Stephany.
Die wesentliche Zielsetzung der Ferienschule besteht, so Gabriele Kniffka, zum einen in der Erweiterung der Sprachkompetenz der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler, so dass sie dem Unterricht im kommenden Schuljahr besser folgen können; neu nach Deutschland eingereisten Kindern und Jugendlichen soll durch eine intensive Sprachförderung der Schuleinstieg erleichtert werden. Zum anderen sollen Lehramtsstudierende praxisnah auf die Arbeit in mehrsprachigen Klassen vorbereitet werden.
Die Studierenden planen DaZ-Unterricht für einen längeren Zeitraum und unterrichten pro Woche bis zu 20 Stunden eigenständig. Dabei haben sie Gelegenheit, sich über die Unterrichtsplanung, die Unterrichtsgestaltung und ihre Erfahrungen im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern auszutauschen und Teamteaching zu erproben. Sie können zudem ihre Projektkompetenz entwickeln und ausbauen, indem sie unterstützt durch das Projektteam der Universität eigenständig Projekte planen und durchführen.
Die Ergebnisse dieser Planungen ließen sich in den letzten Tagen beobachten: Betrat man nachmittags die Ferienschule, wurde man durch lautes Hämmern begrüßt: Die Werk-AG baute ihre Schwedenstühle. Mit Begeisterung wurde gesägt, geleimt und geschraubt. „Jeder baut zwei Stühle. Einen behalten wir, der andere wird später verkauft.“, berichtete Peter.
Eine Etage höher probierte die Koch-AG Rezepte aus und in der Sporthalle wurde Basketball gespielt. Auch in der KunstAG war man engagiert bei der Sache. In weiteren Arbeitsgemeinschaften entstanden u. a. eine Ferienschulzeitung und im Projekt „Stadtführer“ erstellten die Schülerinnen und Schüler ihren eigenen Stadtführer von Köln mit den für sie wichtigen Orten. Die Teilnehmenden am Brieftauben-Projekt erhielten sogar Besuch von einem Brieftaubenzüchter, der einige seiner Tauben mitbrachte und viel Interessantes und Informatives zu berichten wusste.
Am heutigen Freitag, dem letzten Tag des zweiwöchigen Blocks, sieht der Tagesablauf anders als üblich aus: Die Teilnehmenden aus 57 Nationen haben ihren Unterricht für das internationale Frühstück, zu dem alle ein typisches Gericht aus ihrem Herkunftsland beigesteuert haben, früher als gewöhnlich beendet. Die „Ferienschule“ bietet neben den morgens angebotenen Intensivkursen also auch die Gelegenheit zum interkulturellen Dialog jenseits der alltäglichen Unterrichtsatmosphäre.
Nach sechs Wochen endet die Ferienschule mit einem Abschlussfest, zu dem auch die Eltern und Lehrerinnen und Lehrer der teilnehmenden 246 Schülerinnen und Schüler eingeladen sind. Den Schülerinnen und Schülern, von denen viele während der gesamten sechs Wochen an den Kursen teilnehmen, werden Zertifikate über die Teilnahme an den Sprachkursen überreicht. Außerdem werden die Arbeitsergebnisse der gesamten sechs Wochen präsentiert.
Der Zuspruch, den die Ferienschule bei den Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern findet, manifestiert sich in den permanent wachsenden Teilnehmerzahlen. An der ersten Ferienschule im Jahr 2004 nahmen 89 Schülerinnen und Schüler teil – im Jahr 2008 gibt es einen neuen Teilnehmerrekord mit 246 Schülerinnen und Schülern.
Auch das Feedback vonseiten der Lehrerinnen und Lehrer der Teilnehmenden ist durchweg positiv. So zeigt sich beispielsweise Heijo Fetten, Lehrer am Hildegard-von-Bingen-Gymnasium, begeistert vom Angebot der Ferienschule – die es seinen Schülerinnen und Schülern ermöglicht, ihre Deutschkenntnisse in intensiver Projektarbeit anzuwenden und sich weiterhin zu qualifizieren. „Die Erfolge der Vergangenheit bestätigen das Konzept und so wünschen wir uns auch im Sinne der Schüler eine weitere gute Zusammenarbeit!“
Das erfolgreiche Projekt „Ferienschule“ soll auch im Jahr 2009 weitergeführt werden. Ergänzend zur Ferienschule im Sommer bietet das Institut für deutsche Sprache und Literatur II der Universität zu Köln bereits seit dem Jahr 2006 auch in den Herbstferien erfolgreich Sprachfördercamps an. Bisher richteten sich die Herbstcamps ausschließlich an Grundschülerinnen und Grundschüler mit Migrationshintergrund. 2008 konnte nun zum ersten Mal auch eine HerbstFerienschule für Kölner Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I eingerichtet werden (siehe S. 24). Im Unterschied zu den Sommerkursen haben diese Herbstcamps einen theaterpädagogischen Schwerpunkt. Sie werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kooperationsprojektes Sprachförderung und der RAA Köln in Zusammenarbeit mit freiberuflichen Theaterpädagoginnen und Theaterpädagogen sowie dem Referat Theater und Schule der Stadt Köln organisiert.