Weitere/berufsbezogene Sprachförderung: Bessere Integration in den Arbeitsmarkt

Weitere/berufsbezogene Sprachförderung:
Bessere Integration in den Arbeitsmarkt

von Andreea Farmache • Artikel im ZMI Magazin 2010, S. 24

Valeri S. betritt um 9:00 Uhr die Kita im Kölner Norden und zwölf erwartungsvolle kleine Racker zwischen einem und drei Jahren stürzen sich auf sie, drücken und begrüßen sie lachend und mit lautem Kreischen – so geht das jeden Morgen. Seit etwa drei Monaten arbeitet Valeri in dieser Kita – und sie ist wie verwandelt seitdem. Sie hat eine befristete Stelle als Erzieherin erhalten und sie plant, im Herbst an einer Fachhochschule mit dem Studium der Erziehungswissenschaften zu beginnen. Gerade ist sie dabei, die letzte Hürde vor ihrem angestrebten Berufsziel beiseitezuräumen: die Anerkennung ihrer portugiesischen Schulund Berufsabschlüsse in Deutschland. Sie ist glücklich und macht einen fröhlichen und selbstbewussten Eindruck.Das war nicht immer so.

Valerie kam vor drei Jahren mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern aus GuineaBissao über Portugal nach Deutschland und war zunächst Hausfrau. Sie war nicht sehr zuversichtlich, hier in ihrem Beruf wieder tätig werden zu können. Ihre geringen Deutschkenntnisse hinderten sie daran, sich beruflich zu orientieren und eine Beschäftigung zu finden. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten besuchte sie sechs Monate den Integrationskurs und erlangte Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Im Anschluss daran wollte sie ihre Kenntnisse weiterhin verbessern, um auch im Arbeitsleben bestehen zu können. Als sie Monate später von dem Kursangebot „Berufsbezogene Deutschförderung für Migranten“ hörte, das in Köln im April 2009 gestartet wurde, zögerte sie nicht lange, marschierte schnurstracks zur nächsten Infoveranstaltung, meldete sich an und erhielt einige Wochen später eine Teilnahmezusage.
„Der Kurs war prima und hat mir sehr geholfen. Das Praktikum hat mich persönlich weitergebracht und ich habe mein Deutsch verbessert. Ohne Hilfe hätte ich es alleine nie geschafft, meine Abschlüsse so schnell anerkennen zu lassen. Zur Zeit jobbe ich in einer Kölner Kita.“, so Valeri.
Worum geht es in diesem mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanzierten und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge organisierten Programm?
Die berufsbezogene Sprachförderung ist ein Kursangebot für alle Menschen mit Migrationshintergrund, die eine berufsbezogene sprachliche und fachliche Weiterqualifizierung benötigen, um Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu haben oder ihre bestehende berufliche Situation zu verbessern. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollten bereits die Integrationskursangebote ausgeschöpft haben und über solide Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2/B1 verfügen. Das Programm richtet sich insbesondere an Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Diese können ALG I oder ALG II beziehen. Man kann aber auch teilnehmen, wenn man bereits in einem Betrieb beschäftigt ist oder keine Sozialleistungen bezieht.
Im Vorfeld der Maßnahme wird eine persönliche Kompetenzfeststellung in Form eines Profilings statt. Dabei werden unter anderem Informationen zur beruflichen Qualifikation und zum beruflichen Werdegang sowie zum gegenwärtigen Sprachstand eingeholt. Auf der Basis dieser Daten werden entsprechend dem Sprachniveau und den Berufswünschen der Teilnehmenden speziell zugeschnittene Kurse zusammengestellt. Damit soll gewährleistet werden, dass die potenziellen Teilnehmenden optimal gefördert werden können.
Von ihnen wird die Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung bei der Gestaltung der gruppenorientierten und individuellen Lernprozesse erwartet. Die Teilnehmenden werden von Anfang an in die Planung und in die Auswahl der Themen, Methoden und Medien einbezogen. In Zusammenarbeit von Teilnehmenden und Lehrkräften werden zu Beginn der Maßnahme in Gruppengesprächen Lernziele vereinbart. Während des gesamten Kurses werden die Inhalte und Methoden fortlaufend den individuellen Bedürfnissen der Teilnehmenden angepasst.Die Kurse haben einen Umfang von 730 Unterrichtsstunden, was bei einem Vollzeitunterricht einem Zeitraum von sechs Monaten, bei Teilzeitunterricht einem Zeitraum von maximal zwölf Monaten entspricht.
Sie sind in mehrere Module gegliedert, die miteinander verzahnt sind und sich inhaltlich gegenseitig ergänzen. Im berufsbezogenen Deutschunterricht werden zunächst berufsübergreifend und später berufsspezifisch relevantes Vokabular, Grammatik und Redewendungen vermittelt, die im Berufsleben für die Kommunikation mit Kollegen, Kunden und Vorgesetzten benötigt werden. Dabei nimmt die Interkulturelle Kommunikation eine wichtige Rolle ein. Die Teilnehmenden sollen gängige Umgangsformen und Höflichkeitskonventionen der deutschen Kultur kennenlernen, die in direkten Gesprächen, bei Arbeitsanweisungen und der Kundenberatung sowie bei Telefonaten benötigt werden. Dazu werden die notwendigen sprachlichen Register trainiert. Ein weiterer Schwerpunkt der Kurse ist die Schriftsprache im beruflichen Kontext. Die Teilnehmenden lernen zum Beispiel, wie sie aus Texten schnell die für sie relevanten Informationen herausfiltern können oder was sie beim Schreiben von E-Mails und offiziellen Briefen beachten müssen.
Das Sprachmodul nimmt meist den größten Teil des Unterrichts in Anspruch. Es wird ergänzt durch ein Fachmodul, in dem die TeilnehmerInnen u. a. EDVund Mathematikkenntnisse erwerben, über den regionalen und überregionalen Arbeitsmarkt informiert werden und Basisinformationen zu Arbeitsund Sozialrecht erhalten. Während des gesamten Kurses werden die Teilnehmenden von Job-Coaches betreut und intensiv hinsichtlich ihrer Berufsinteressen beraten. Sie unterstützen sie sowohl bei der beruflichen Orientierung als auch bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen und begleiten sie bei Vorstellungsgesprächen. Ein wichtiger Bestandteil ist die Hilfestellung bei der Anerkennung ihrer ausländischen Bildungsabschlüsse. Des Weiteren ist die Vermittlung von beruflichen Schlüsselqualifikationen, wie Teamfähigkeit,
Zuverlässigkeit, Eigenständigkeit und Verantwortungsbewusstsein Bestandteil des Fachunterrichts. Integriert in diesem Modul sind neben einem umfangreichen Bewerbungstraining Betriebsbesichtigungen, die erste Eindrücke zum angestrebten Berufsfeld vermitteln, und ein dreibis vierwöchigen Praktikum, das den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit bietet, sich in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Bei der beruflichen Orientierung zeichnet sich eine Tendenz ab, eine Arbeit in folgenden Berufsfeldern aufzunehmen: sozial-pflegerische Berufe, erzieherisch-pädagogische Berufe, Dienstleistungsberufe und kaufmännische Berufe. Die Kurse schließen mit dem offiziellen Zertifikat „Deutsch Beruf“ B1+ oder B2 ab.
Im Rahmen des Projekts finden seit April 2009 im gesamten Kölner Stadtgebiet ESF BAMF Kurse in Vollzeit statt. Die VHS Köln führt dieses Projekt in Kooperation mit den Bildungsträgern Bénédict School, GBB, IB, InBit und Bt-Integra durch.
Vornehmliches Ziel der Träger ist es, die Menschen mit Migrationshintergrund sprachlich und inhaltlich auf ihren Berufsweg vorzubereiten und ihnen die Möglichkeit zu gewähren, einen festen Arbeitsplatz zu finden, um ihre Integrationschancen in Deutschland damit zu verbessern. Die nachhaltige Aufnahme einer Beschäftigung ist in vielen Fällen erfolgreich geschehen. Das Programm ergänzt durch die schrittweise Heranführung oder Wiedereinführung in die deutsche Arbeitswelt als zusätzlicher Baustein die bestehenden Förderungsprogramme zur Integration.