Geben und nehmen – oder: Über die Zusammenarbeit im Kooperationsprojekt Sprachliche Bildung

Geben und nehmen – oder: Über die Zusammenarbeit im Kooperationsprojekt Sprachliche Bildung

von Prof. Dr. Magdalena Michalak • Artikel im ZMI Magazin 2011, S. 25

Das Kooperationsprojekt Sprachliche Bildung ist seit Jahren in Köln fest etabliert. Es beweist, dass die sprachliche Bildung von Kindern und Jugendlichen und die Lehrerausbildung Hand in Hand gehen können. Damit das stetig wachsende Projekt auch in Zukunft so erfolgreich wie bisher arbeiten kann, ist eine immer noch engere Zusammenarbeit aller Kooperationspartner in fachlicher, personeller, bildungspolitsicher und nicht zuletzt finanzieller Hinsicht unerlässlich.

Das Kooperationsprojekt Sprachliche Bildung, das bereits im Jahr 2002 initiiert wurde, ist ein fester Bestandteil des Institutes für Deutsche Sprache und Literatur II an der Universität zu Köln. Und auch aus der Kölner Schullandschaft ist das Projekt schon lange nicht mehr wegzudenken. Betrachtet man seine drei übergeordneten Ziele, wird schnell deutlich, dass ein so ambitioniertes Projekt eine enge Zusammenarbeit von mehreren Akteuren voraussetzt: Erstens ist die Förderung der sprachlichen Kompetenz der Schülerinnen und Schüler in allen Fächern nur durch eine fruchtbare Kooperation mit Kölner Schulen möglich. Zweitens strebt das Projekt eine praxisnahe Ausbildung von Lehramtsstudierenden bereits während des Studiums an, damit sie in ihrem späteren Berufsleben Schülerinnen und Schüler in heterogenen Klassen effektiv fördern können; dies ist auch eine bildungspolitische Aufgabe, die die Universität nicht ohne vor allem die Unterstützung der Bezirksregierung realisieren kann. Drittens zielt das Projekt darauf ab, Lehr- und Lernprozesse durch empirische Unterrichtsforschung zu optimieren. Hierbei setzt das Projekt auf eine Vernetzung insbesondere mit der Stadt. Nicht zuletzt: Das ganze Vorhaben wäre ohne finanzielle Unterstützung unserer vielen Geldgeber nicht möglich.
Zusammenarbeit mit Kölner Schulen der Primarstufe und Sekundarstufe I
Im Rahmen des Projektes erteilen Studierende während des Schuljahres und in Feriencamps Sprachförderunterricht, um die Sprachkompetenz von Schülerinnen und Schülern mit Zuwanderungsgeschichte sowie aus bildungsfernen Familien gezielt aufzubauen. Auf diese Aufgabe werden die Förderlehrkräfte in universitären Praxisseminaren intensiv vorbereitet und bei ihrer Arbeit weiter wissenschaftlich begleitet. Der Förderunterricht findet in den Schulen – und mittlerweile sind es nahezu 40 Schulen – in der Primarstufe und Sekundarstufe I statt. Das bedeutet, dass jede mit uns zusammenarbeitende Schule das Projekt nicht nur befürworten, sondern auch tatsächlich aktiv unterstützen muss. Und dies gilt für die ganze Schule: von der Schulleitung bis zum Hausmeister. Es geht nämlich nicht nur ausschließlich darum, Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen – viel entscheidender für den Projekterfolg ist, dass darüber hinaus auch eine positive Arbeitsatmosphäre geschaffen wird. Unsere Arbeit kann nur gelingen, wenn sich sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Förderlehrkräfte wahr- und ernst genommen fühlen. Dies sicherzustellen ist mit einem in erster Linie großen organisatorischen Aufwand verbunden: Schüleranmeldungen wollen entgegengenommen und verbucht, Gruppenverteilungen organisiert werden, die zeitliche Planung des Förderunterrichts muss mit den Studierenden abgesprochen werden, die den Unterricht erteilen … und vieles mehr an Koordinierungsarbeit ist notwendig.
Diese Aufgaben übernehmen unsere Ansprechpartner in den Schulen, von deren Engagement deshalb die Durchführung des Projektes enorm abhängt. Des Weiteren freuen sich die studentischen Förderlehrkräfte über jeden fachlichen Rat, den sie auch vor Ort von erfahrene(re)n Kollegen bekommen. Hier würden wir uns sogar mehr Unterstützung von den Schulen wünschen, beispielsweise indem der Unterricht unserer Förderlehrkräfte durch regelmäßige Hospitationen begleitet werden könnte. Von dem regen Austausch, der sich aus der engen Zusammenarbeit zwischen den Lehrern und Förderlehrkräften ergibt, profitieren auch die erfahrenen Pädagogen in den Schulen, besonders diejenigen, die keine DaZ-Ausbildung erhalten haben – die selbst gezielt nach Tipps für den Umgang mit sprachlicher Vielfalt im Unterricht fragen oder die um Unterstützung seitens der Dozierenden bei der Materialien- oder Methodenauswahl bitten. Dieses Potenzial erkennen viele Schulen, die sich direkt an uns als universitäre Einrichtung wenden und Interesse nach einer gezielten Fortbildung im Bereich sprachlicher Förderung bekunden.

Indirekte Partner: Die Eltern
Damit unsere Förderlehrkräfte erfolgreich arbeiten können, wünschen wir uns für das Projekt, nicht nur die Schulen sowie die Schülerinnen und Schüler zu gewinnen. Wir müssen auch die Eltern davon überzeugen, dass unsere Arbeit den Kindern und Jugendlichen sprachlich etwas bringt. Besonders in den sprachlichen Feriencamps ist zu sehen, wie wichtig es ist, dass wir alle an einem Strang ziehen: Die Eltern motivieren ihre Kinder zur Teilnahme an dem von uns angebotenen Sprachunterricht und Freizeitprogramm in den Schulferien, verfolgen ihre Fortschritte und nehmen gern an den Veranstaltungen teil, in denen die Schülerergebnisse präsentiert werden. Wir freuen uns, dass die Eltern sich von uns beraten lassen und viele Fragen zum Spracherwerb und zur sprachlichen Unterstützung ihrer Kinder stellen. Nur auf diese Weise kann unsere Arbeit nachhaltig wirksam sein.

Partnerschaft mit der Stadt
Nicht nur Schulen aller Schulformen sind unsere Partner. Das Kooperationsprojekt Sprachliche Bildung ist ein fester Bestandteil des Zentrums für Mehrsprachigkeit und Integration (ZMI), und zwar schon seit seiner Gründung im April 2008. Als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen sprachlicher Bildung in Köln hilft das ZMI auch unserem Projekt, sich systematisch in der Stadt zu vernetzen. Da das ZMI institutionen- und bildungsabschnittsübergreifend arbeitet, unterstützt es das Kooperationsprojekt bei der Mitteleinwerbung, bei der Organisation der Feriencamps, und dies nicht nur finanziell, bei Versicherungsfragen oder beim Erfahrungsaustausch. Das ZMI hilft uns, die bereits entwickelten Strukturen auszubauen und neue, tragfähige Angebote zu schaffen. Es berät das Projektteam und wirkt auch daran mit, eine nachhaltige Zusammenwirkung der Kooperationspartner untereinander zu sichern. So arbeitet das Kooperationsprojekt mit der Bezirksregierung Köln und der Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) zusammen, die das Kooperationsprojekt Sprachliche Bildung durch personellen und eben auch finanziellen Einsatz unterstützen. Das Projektteam lässt im Gegenzug seine sich aus der Praxisarbeit ergebenden Erfahrungen im Bereich sprachlicher Förderung sowie Ergebnisse aktueller empirischer Unterrichtsforschung in die Fortbildungen einfließen, die unter anderem von der RAA organisiert werden. Somit gewinnt die Stadt kompetente Experten und Qualifizierer für die Theorie-Praxis-Verknüpfung im Bereich der Mehrsprachigkeit und sprachlicher Bildung.

Synergieeffekte im Museum
Es ist unser Anliegen, dass sowohl die Förderlehrkräfte als auch die Schülerinnen und Schüler lernen, dass man sprachliche Kompetenzen nicht nur in der Schule erweitern kann. Im Rahmen unseres Projektes wird den Studierenden das Museum als außerschulischer Lernort vorgestellt. Hier besteht bereits seit einigen Jahren eine enge Kooperation zwischen dem Museumsdienst Köln und unserem Projekt. Vom Museumsdienst wird die Zusammenarbeit vor allem als eine – wenn man so will – Investition in die Zukunft angesehen, denn die geschulten studentischen Förderlehrer von heute kommen in Zukunft als Lehrkräfte auch mit ihren eigenen Klassen ins Museum. Die Schülerinnen und Schüler dagegen entdecken, dass ein Museumsbesuch alles andere als langweilig ist. Das Museum als Lernort wird heute zwar von den Förderlehrkräften unterschiedlich genutzt, ermöglicht aber stets die Anwendung der Sprache als Werkzeug. Die Förderlehrkräfte lernen neue Methoden kennen, die es ermöglichen, mit Sprache im Museum in funktionalen Kontexten umzugehen. Durch die Kombination von museumspädagogischer Arbeit und sprachlicher Förderung können die Schülerinnen und Schüler in der Begegnung mit Kunst auch ihre konzeptionell schriftsprachlichen Kompetenzen entwickeln.

Finanzielle Unterstützung
Ein so aufwändiges und erfolgreiches Projekt wäre ohne ausreichende finanzielle Mittel nicht zu bewältigen. Die finanziellen Möglichkeiten der Universität zu Köln sind leider begrenzt. Daher ist das Projekt auch auf Sponsoren angewiesen. Die eingeworbenen Mittel werden unter anderem für Bücher, Unterrichtsmaterialien, für Schülerausflüge in den Feriencamps sowie für Honorare für studentische Hilfskräfte ausgegeben. Somit freuen wir uns über jeden neuen Befürworter des Kooperationsprojektes, der uns auch finanziell helfen möchte. Wir arbeiten mit verschiedenen Stiftungen zusammen; zum jetzigen Zeitpunkt wird das Projekt durch die Stiftung Mercator aus Essen, die Harald Neven DuMont Stiftung aus Köln und die Annemarie und Helmut Börner-Stiftung aus Köln finanziell unterstützt.
Wir hoffen und bauen darauf, dass sich noch andere unserem Kooperationsprojekt anschließen: Denn die Förderung der Sprachkompetenz von Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte stellt zwar alle Beteiligten vor besondere Herausforderungen – durch unsere gemeinsamen Anstrengungen können wir aber dazu beitragen, dass alle Schülerinnen und Schüler in der Schule die gleichen Chancen bekommen.