Kölner Schülerinnen und Schüler aus aller Herren Länder

Kölner Schülerinnen und Schüler aus aller Herren Länder

von Dr. Beate Blüggel • Artikel im ZMI Magazin 2011, S. 31

Köln ist eine attraktive Stadt, das belegen nicht nur die zahlreichen Touristinnen und Touristen, sondern auch die statistischen Angaben zur Einwohnerzahl: Im Unterschied zu anderen Städten und Gemeinden wird sich der demografische Wandel allen Prognosen nach nicht negativ auf die Einwohnerzahl Kölns auswirken. Ein Grund für diese Tatsache liegt in der Zuwanderung. „Neu-Kölner“ kommen aus ganz Deutschland, aber viele kommen auch aus dem Ausland – sei es zur Heirat, zum Zweck der Familienzusammenführung, zur Arbeitsaufnahme, aus Gründen der Flucht oder im Rahmen der Freizügigkeit innerhalb Europas.

Eingewanderte Kinder und Jugendliche unterliegen ebenso der Schulpflicht wie diejenigen, die hier geboren sind oder schon länger hier leben. Sie können aber dem Unterricht nicht folgen, weil sie die deutsche Sprache in der Regel gar nicht oder nicht ausreichend beherrschen. Daher werden für sie, die so genannten Seiteneinsteiger/-innen, besondere Klassen oder Gruppen an Schulen aller Schulformen eingerichtet. Das Schulamt für die Stadt Köln weist sie diesen Schulen auf Empfehlung der Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) zu.
Der erste Weg führt für die Familien also zur RAA, wo sie in einem Beratungsgespräch über das Schulsystem und die weiteren Schritte informiert werden. Bei der Empfehlung für die Zuweisung sind verschiedene Aspekte zu beachten, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen:
Aus organisatorischer Sicht ist eine wohnortnahe Beschulung sinnvoll. Die Seiteneinsteiger/-innen sind der deutschen Sprache noch nicht mächtig und können lange Schulwege nicht allein bewältigen.
Aus sprachdidaktischer Sicht ist eine intensive Betreuung von Seiteneinsteiger/-innen in möglichst lernhomogenen Gruppen sinnvoll. Solche Gruppen oder Klassen können umso besser gebildet werden, je mehr Schülerinnen und Schüler an einem Standort sind.
Aus integrativer Sicht ist es sinnvoll, die Seiteneinsteiger/-innen so früh wie möglich in den Regelunterricht zu überführen. Wie diese Überführung konkret gehandhabt wird, hängt von individuellen und organisatorischen Rahmenbedingungen ab. Häufig werden die Schülerinnen und Schüler zunächst in solchen Fächern im Regelunterricht beschult, die nicht so sprachintensiv sind.
Aus pädagogischer Sicht ist eine intensive sozialpädagogische Begleitung derjenigen Seiteneinsteiger/-innen dringend erforderlich, die sehr wenig institutionelle Erfahrung im Herkunftsland gemacht haben.
All diese Aspekte werden abgewogen, bevor es zur Empfehlung für eine Zuweisung kommt. In den Schulen gibt es dann entweder eigenständige Klassen oder Gruppen, die jahrgangsübergreifend arbeiten. Ziel ist laut Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom Dezember 2009 „die schnellstmögliche Eingliederung der Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte in die ihrem Alter oder ihrer Leistungsfähigkeit entsprechende Regelklasse“.
Im Schuljahr 2010/2011 sind auf diese Weise mehr als 700 schulpflichtige Kinder und Jugendliche einer Kölner Schule zugewiesen worden (zum Vergleich: im Schuljahr 2006/07 waren es 320). Sie kamen aus 63 Ländern, von Afghanistan und Ägypten bis Venezuela und Weißrussland; die häufigsten Herkunftsländer waren Bulgarien, Rumänien, der Irak, Serbien und Polen. Der Zeitpunkt der Einreise ist unabhängig vom Rhythmus eines Schuljahres. Entsprechend kommen immer wieder neue Schülerinnen und Schüler in die bereits bestehenden Seiteneinsteigerklassen hinzu, was allen Beteiligten eine große Flexibilität abverlangt. Der Umfang der Zuwanderung von Seiteneinsteiger/-innen ist nicht planbar, jede Prognose stellt sich als ausgesprochen schwierig dar. Die allgemein wachsende Mobilität nicht nur innerhalb von Europa deutet aber auf ebenso wachsende Zahlen an Seiteneinsteiger/-innen hin. Dem steht ein Wandel in der Schullandschaft gegenüber, der durch die Schließung von Hauptschulen und die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen und Sekundarschulen geprägt ist. Eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern der Bezirksregierung, des Schulamtes für die Stadt Köln und der Stadtverwaltung beschäftigt sich derzeit damit, das Zuweisungs- und Beschulungskonzept für schulpflichtige Seiteneinsteiger/-innen zu optimieren und zukunftsfähig zu machen.

Hintergrund: Internationale Förderklassen an Kölner Berufskollegs

Seit 1993 gibt es in Köln das Angebot der Internationalen Förderklassen an Berufskollegs (IFK) für neu eingereiste Jugendliche ab 16 Jahren. Ziel ist die Förderung der deutschen Sprachkompetenz, die Verbesserung der Allgemeinbildung und die Vermittlung beruflicher Grundkenntnisse. So geben die IFK den jungen Menschen Orientierung und Stabilität, verbessern deren schulischen Qualifikationen und beruflichen Lebensperspektiven. Im Schuljahr 2011/2012 werden in acht Internationalen Förderklassen rund 160 Jugendliche beschult. Die sieben Berufskollegs bieten folgende Berufsfelder an: Wirtschaft und Verwaltung, Metalltechnik, Bau- und Holztechnik, Körperpflege (Friseur), Gesundheit, KFZ-Technik und Informationstechnik, Ernährung, Hauswirtschaft und Textiltechnik.