Forschen und Rätseln in vielen Sprachen in einer Lernwerkstatt

Forschen und Rätseln in vielen Sprachen in einer Lernwerkstatt

Natascha Berger • Artikel im ZMI Magazin 2019 S. 30

Kinder aus 27 Nationen forschen, entdecken und lernen in der Lernwerkstatt der Katholischen Grundschule (KGS) Zugweg in Köln. Ganz nebenbei bringen die Kinder hier ihre vielen Sprachen ein und erweitern ihren Wortschatz. Die Lernwerkstatt der Schule wurde im Rahmen des Programms „fliegen lernen. Lernwerkstatt für alle Kinder“ aufgebaut und Ende 2017 eröffnet. Ein neuer Film zeigt, wie in der Lernwerkstatt Sprachbildung und forschendes Lernen miteinander verknüpft werden.
Das Programm „fliegen lernen“
Im Programm „fliegen lernen“ erhielt die KGS Zugweg Unterstützung, um eine Lernwerkstatt aufzubauen und zu entwickeln. Eine Lernwerkstatt ist ein fest eingerichteter Raum mit vielfältigen Werkzeugen, Materialien und Alltagsgegenständen. Hier können die Kinder ihren alltäglichen Fragen nachgehen und sich forschend Wissen über die Welt und die Natur aneignen. Die Lernwerkstatt regt zum Staunen an, provoziert Fragen und verleitet zum Werkeln und Experimentieren. Pädagoginnen und Pädagogen begleiten die Kinder beim Forschen und helfen, wenn sie gebraucht werden.

Das Programm „fliegen lernen“ gab es von 2006 bis 2013 bereits in anderen Bundesländern. Seit 2014 entstehen weitere Lernwerkstätten in Nordrhein-Westfalen. „fliegen lernen“ ist ein Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung in Kooperation mit Boeing.

Aufbau der Lernwerkstatt
Gleich zu Beginn fand sich in der KGS Zugweg ein mehrköpfiges Team aus Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften aus dem offenen Ganztag zusammen. Viele Fragen wurden gemeinsam diskutiert, zum Beispiel: Welche Materialien stellen wir bereit? Wie nutzen wir die Lernwerkstatt? Wie machen wir Sprache in der Raumgestaltung sichtbar?
Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung begleitete die Team-Treffen, organisierte Hospitationen und weitere Qualifizierungsangebote. Bereits Ende 2017 konnte die Lernwerkstatt feierlich eröffnet werden. Seitdem nutzen die pädagogischen Fach- und Lehrkräfte die Lernwerkstatt sowohl für den Sachunterricht als auch in der Lernzeit und in diversen AGs im offenen Ganztag. Außerdem kommen Kita-Kinder zum gemeinsamen Forschen in die Lernwerkstatt und es hat sich eine gemeinsame Forscherzeit mit Eltern etabliert.

Forschendes Lernen in der Lernwerkstatt
„Kinder wollen die Welt verstehen. Sie wollen sich selbst und die Welt explorativ erkunden und dabei existenzielle Themen beantworten.“ Das ist ein Ergebnis der Studie „Kita-Qualität aus Kindersicht“ aus dem Jahr 2017 vom DESI-Institut im Auftrag der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Damit wird aus der Perspektive von Kindern bestätigt, was in der frühkindlichen Bildungstheorie schon lange vertreten wird: Das aktive, wissbegierige Kind ist von Natur aus neugierig und entdeckt forschend die Welt, ausgehend von rätselhaften Beobachtungen und eigenen Fragen.
Die Lehrerin Anna Jung von der KGS Zugweg erklärt, wie eine Forscherstunde im Sachunterricht – angelehnt an den Ansatz des forschenden Lernens – abläuft: „Die Kinder können im Rahmen eines Themas selbst Dinge nennen, die sie herausfinden wollen. Sie können sich Fragen überlegen, dazu einen Versuch oder ein Experiment machen, um danach zu überprüfen, ob ihre Vermutungen gestimmt haben oder ob man den Versuch nochmal anders aufbauen muss, um gemeinsam zu einer Lösung zu kommen.“ In den AGs des offenen Ganztags können die Kinder ihre Versuche oder Experimente aus dem Vormittag vertiefen und weiterführen oder sich eigenständig Themen suchen, die sie erforschen möchten.

Sprachbildung und Mehrsprachigkeit in der Lernwerkstatt
Der Sachunterricht, der oft in der Lernwerkstatt stattfindet, wird an der KGS Zugweg im bilingualen Zweig zweisprachig unterrichtet. Dadurch wird jedes Forscherthema nicht nur technisch, sondern auch sprachlich erarbeitet. Forschendes Lernen bietet dabei zahlreiche Anlässe der Sprachbildung. So lernen die Kinder, im Team über Ideen zu diskutieren, Vermutungen im Forscherbuch festzuhalten und Erkenntnisse mitzuteilen und zu reflektieren.
„Ich glaube, alle Kinder profitieren von dieser Art des Unterrichts, weil wir darauf achten, von Anfang an die Fachwörter zu benutzen und Sprachen sichtbar zu machen, zum Beispiel in Form von einem Wortspeicher, Wortkarten und anschaulich beschrifteten Materialien“, sagt die Lehrerin Suzanne De Faveri. Dabei werden nicht nur die Unterrichtssprachen Deutsch und Italienisch, sondern auch weitere Sprachkompetenzen der Kinder gezielt in die Unterrichtsgestaltung eingebunden. So können die Kinder während der Teamarbeit in der Forschungsphase in den Sprachen sprechen, die für sie in dem Moment natürlich sind – ob Deutsch, Türkisch, Italienisch oder eine andere Sprache. „Und wenn wir für den Wortspeicher gemeinsam Wörter in verschiedenen Sprachen suchen, stellen die Kinder einen Kontakt zu ihren Familiensprachen her und werden motiviert und gestärkt. Das fördert einen sehr wertschätzenden Umgang untereinander“, berichtet Suzanne De Faveri.

Das gemeinsame Forschen in der Lernwerkstatt unterstützt also nicht nur die Sprachbildung und Mehrsprachigkeit der Kinder. Auch Teamwork, Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit werden hier gestärkt.

FILM „FORSCHENDES LERNEN UND MEHRSPRACHIGKEIT“

Der Film „Forschendes Lernen und Mehrsprachigkeit“ aus dem Programm „fliegen lernen“ bietet konkrete Einblicke in eine Forscherstunde an der KGS Zugweg. Darin ist zu sehen, wie die Lernwerkstatt eingerichtet ist, wie die Kinder ihre Sprachen einbringen und wie sie anhand des sogenannten Wortspeichers ihr Vokabular erweitern und Wörter nach Kriterien sortieren. Auf dieser Website hat die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung auch viele weitere Filme, Broschüren und andere Materialien rund um forschendes Lernen und Lernwerkstätten gebündelt.

Sie finden den Film online unter www.forschendes-lernen.net/index.php/mediathek.html.